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Vor allem Entertainment? Was viele beim Content Marketing falsch verstehen

Ende April hat Henner Rinsche, Europachef des Trinkwassersprudler-Herstellers Sodastream in einem kurzen Statement für Horizont.net etwas bestätigt, was ich schon lange vermutet hatte: Marken, Unternehmen und Mediaagenturen sehen im Content Marketing oft nur die Absicht, Käufer und Kunden zu unterhalten:

… Content Marketing geht aus meiner Sicht von der Grundannahme aus, mein eigenes Produkt ist langweilig, also unterhalte ich die Leute. Und zwar indem ich interessanten Content generiere, der sie dort abholt, wo sie sind. Das funktioniert aber nicht. Man hat als Shampoo- oder Wassersprudlermarke einfach nicht die Ressourcen, um in Sachen Entertainment besser zu sein als YouTube, Sky oder die ‚Bild‘-Zeitung.

Beim Content Marketing dreht sich also alles ums Entertainment? Das wäre ungefähr so als würde ich sagen, ein Auto ist nur dafür da, um damit Autorennen zu fahren. Und als ein normaler Autofahrer macht es keinen Sinn, gegen die Großen anzutreten, die über mehr Ressourcen verfügen, um lange vor mir in der Zielgeraden zu sein. Deshalb ist es Unsinn, sich überhaupt in einen Wagen zu setzen. Deckel zu, ab auf den Schrottplatz.

Vielleicht ist es wichtig, einmal kurz aufzuzeigen, welche Absicht Inhalte verfolgen können, die ein Unternehmen produziert. Dabei ist es ganz egal, ob wir von Videos, Blog-Beiträgen, Podcasts oder was auch immer sprechen, das Format kommt erst im nächsten Schritt ins Spiel.

Ich beziehe mich dazu auf das, was Kristina Halvorson und Melissa Rach in ihrem hervorragenden Standardwerk „Content Strategy“ über den “Purpose”, also das Ziel von Content schreiben und übersetze den betreffenden Abschnitt für diesen Zweck mal ganz frei und, weil es sich anbietet, mit Bezug auf Sodastreams Möglichkeiten, Content Marketing anders anzupacken:

Jedes Stück Content verfolgt einen bestimmten Zweck. Manchmal auch mehrere gleichzeitig:

Überzeugen. Der Nutzer soll eine Entscheidung zu Ihren Gunsten fällen, er soll Ihr Produkt kaufen oder mit Ihnen einer Meinung sein.

Informieren. Versorgen Sie Ihre Nutzer mit Informationen zu einem bestimmten Thema – zum Beispiel, wie es mit der Wasserversorgung auf der Welt steht oder was der viele Plastikmüll für die Umwelt bedeutet. Das macht Sodastream bereits mit einem sehr emotionalen Video-Clip, der mit Fakten gespickt ist.

Überprüfen. Geben Sie Ihren Nutzern Zugriff auf Fakten, auf die sie bei einer Websuche stoßen können. Sodastream sollte die Zahlen aus seinem Videoclip anstatt in einer Flashgrafik mit anderen Mitteln für Suchmaschinen besser auffindbar machen und diese Fakten-Datenbank kontinuierlich ausbauen. An einem bestimmten Punkt könnte die Firma über die umfangreichste Datenbank zum Thema Plastikmüll verfügen, die es im deutschsprachigen Netz gibt. Kein unerreichbares Ziel und dazu eine Quelle, die immer wieder Material für Presseaussendungen und Facebook-Posts abwirft. Eine schnelle Google-Suche zeigt, das Thema wird zwar schon vom WWF und vom Naturschutzbund Deutschland e.V. besetzt, doch eine Top-Platzierung im Suchmaschinenranking sollte zum Keyword “Plastikmüll” weitaus weniger schwierig sein, als mit Inhalten von YouTube, Sky und “Bild” zu konkurrieren.

Anleiten. Der Nutzer möchte etwas lernen: Gitarre spielen, einen Kuchen backen, ein Motorrad reparieren – oder eine Bar mit einem integrierten Wassersprudler für die Küche zu Hause bauen. Warum nicht? Klingt nach einer guten Idee, finde ich.

Unterhalten. Helfen Sie dem Nutzer, Zeit totzuschlagen. Die wenigsten Unternehmen beherrschen diese Disziplin gut, zum Glück wissen das die meisten auch. Denn sie haben ja eigentlich eine viel sinnvollere Expertise, auf der ja auch Ihr Geschäft basiert. Warum also nicht das Marketing darauf aufbauen? In Sachen Entertainment mit den Großen zu konkurrieren ist ziemlich aussichtslos und teuer dazu.

Als Unternehmen oder Marke seine Kunden unterhalten zu wollen, kann eine Option sein, wenn man zu den anderen oben genannten Punkten keinen Content beisteuern kann. 

Warum also haben die Marketing-Verantwortlichen in den Unternehmen den Eindruck, bei Content Marketing drehe es sich einzig und allein um Entertainment? Auch hierzu hat Rinsche eine Antwort parat:

Zwischen Mediaagentur und Werbungtreibenden gibt es natürlich kongruente Interessen. Wenn aber die Agentur mit unterschiedlichen Maßnahmen unterschiedlich viel Geld verdienen kann, dann liegt der Verdacht nahe, dass sie auch Dinge vorschlagen oder tun könnte, die eher in ihrem Interesse liegen.

 

Unternehmen müssen nicht zu Entertainern werden

Wer heute von Content Marketing spricht, der fühlt sich entweder eher vom Wort Content oder vom Marketing angesprochen. Mir ist klar, dass für viele das Internet eine Art erweitertes Fernsehen darstellt, das ausschließlich der Unterhaltung dient. Viel zu wenige Unternehmen nehmen bisher die Chance wahr, ihre Kunden zu dem Thema, das in ihrer DNA liegt, informieren zu wollen, Fakten zu liefern oder praktische Anleitung zu geben. In diesen Disziplinen sieht es bei vielen dünn aus, obwohl das Know-how in den Schubladen liegt und in den Köpfen im Unternehmen vorhanden ist.

Jeden Woche lesen wir eine neue Statistik über die Internet-Nutzung. Und immer wieder wird betont, dass Videos die beliebteste Content-Form sind. Der Trugschluss besteht nun darin, dass Videos pure Unterhaltung bieten müssen. Selbstverständlich sollen Inhalte so aufbereitet werden, dass sie den Nutzer ansprechen. Das gilt für Texte genauso wie für Bewegtbilder oder Grafiken. Doch wer sein eigenes Verhalten im Netz beobachtet, der wird nicht leugnen können, dass er nicht nur auf der Suche nach Unterhaltung ist, sondern eben auch ständig Fakten checkt, Anleitung oder Informationen sucht oder seine Meinung bestätigt sehen möchte. 

 

Hinter Platz 2, “Suchmaschinen nutzen”, verbirgt sich genau das. Natürlich spielt hier auch Unterhaltung eine Rolle, aber keine so große, dass sich daraus eine Hauptstrategie für das Content Marketing ableiten liesse.

Ihre Produkte sind nicht langweilig

Lassen Sie sich nicht einreden, Ihre Produkte seien langweilig! Lassen Sie das zu, diskreditieren Sie Ihre eigenen Mitarbeiter, die sich Tag für Tag den Kopf darüber zerbrechen, wie man Ihr Produkt besser manchen kann. Die Ideen, die Erfahrung und das Know-how hinter Ihrer Marke sind die Zutaten einer echten Content-Strategie. Hier liegen die Schätze, die Sie heben können, um von Ihren Kunden und Käufern als ein Unternehmen wahrgenommen zu werden, das sich von anderen abhebt. Keiner Ihrer Kunden verlangt von Ihnen, dass Sie die Showbühne betreten. Sie haben wirklich Wichtigeres zu tun.